Auf der Kiwi-Plantage

Hallo ihr Lieben!
Ich weiß, ich habe mich ewig nicht gemeldet hier auf meinem Blog, tut mir leid!
Aber es ist in der letzten Zeit auch nicht soo viel spannendes in meinem Leben hier passiert. Die beste Neuigkeit (wobei die auch schon nicht mehr neu ist): Ich habe Arbeit gefunden!

Aber Eins nach dem Anderen!
Nach ein paar weiteren entspannten Tagen in der gemütlichen Samurai Lodge von Ian sind Carla und ich vor einer gefühlten Ewigkeit von Taurangi wieder an die Küste gefahren, Richtung Osten, nach Napier, der größten Stadt der Hawkes Bay, einer der landwirtschaftlichen Hochburgen Neuseelands. Wieder das Meer zu sehen war richtig schön nach eineinhalb Wochen im Inneren des Landes! Auf dem Weg hier her haben wir noch an schönen Wasserfällen angehalten und einer verlassenen eingefassten heißen Quelle, ein Tipp aus meinem Reiseführer! Das war richtig entspannend, ein Betonbecken mit heißem Wasser mitten in der Pampa, nur zu erreichen über einen zwei Kilometer langen Trampelpfad.

Hier in Napier haben wir uns dann in ein kleines Working Hostel einquartiert, fast direkt am Strand, richtig schön familiär, mit vielen netten Leuten die hier ebenfalls im Umkreis arbeiten und über die extrem unterdimensionierten Sanitäranlagen und die schlecht ausgestattete Küche hinwegtrösten! 🙂
Ein working Hostel vermittelt Arbeit, versucht es jedenfalls, und als Gegenleistung dafür muss man während man arbeitet in dem Hostel wohnen. Der Besitzer von Unserem, Thomas, steht in Kontakt mit verschiedenen Contractorn, die kann man am ehesten mit kleinen Leiharbeitsfirmen vergleichen, welche sich hier auf Arbeit im Agrarbereich spezialisiert haben. Über reichlich drängeln, häufiges Nachfragen, Eigeninitiative durch direkte Kontaktaufnahme mit den verschiedenen Contractorn und ein bisschen Glück haben Carla und ich innerhalb von 4 Tagen einem Job auf einer Kiwi Plantage nur 15 Kilometer von hier entfernt bekommen! 🙂
Allerdings hatten wir durch mein Auto auch eine bevorzugte Position, da die Leute mit Auto auch zu entlegenen Farmen können wo es keine Shuttle-Busse wie bei der im Moment stattfindenden Blueberry Ernte mit Bezahlung im Accord der Fall ist.
Die Nachricht, dass wir Arbeit bekommen, kam recht kurzfristig, um 9 Uhr am Vorabend unseres ersten Arbeitstages, als wir schon Pläne für die Weiterfahrt geschmiedet hatten (vielleicht ging es deswegen auf einmal schnell, wir haben Thomas wissen lassen dass wir am nächsten Tag weiter wollen wenn es keine Arbeit gibt, hätte er ja zwei Langzeitgäste verloren wenn wir keine Arbeit bekommen hätten, wer weiß…)

Die vier Tage davor waren wir hier Napier anschauen, das „Art Deco Capital“ Neuseelands, aber ich muss sagen, so überragend finde ich die Stadt auch wieder nicht, wobei die vielen Oldtimer hier echt nett sind!
Auch waren wir etwas südlich von hier auf dem Te Mata Peak, einem 200 Meter hohen Berg von dem man einen schönen Blick über die ganze Hawkes Bay hat und sogar die schneebedeckten Gipfel des Mount Doom am Horizont erahnen kann!
Der Te Mata Berg an sich ist nicht sonderlich spannend, aber der zweistündige Fußmarsch hoch hat sich gelohnt, viel besser als mit dem Auto hoch zu fahren, wie es unter anderem zwei gemacht haben die wir schon in Taurangi getroffen haben, ein Pärchen aus Deutschland das nur drei Wochen in Neuseeland war und Freunde besucht hat, und ausgerechnet die treffen wir auf einem einsamen kleinen Gipfel wieder wo man sich maximal 15 Minuten aufhält 😀

Jedenfalls arbeiten wir seid inzwischen drei Wochen hier in Napier, seit etwa zweieinhalb Wochen sind auch noch Nicola und Shamila mit auf der gleichen Farm, beides Deutsche, da wird schon der Sprit für jeden vom uns billiger! (Wobei der seit gestern hier bei 1 Dollar 80 pro Liter Benzin liegt, also umgerechnet nur 1,13 Euro 🙂 )
Unsere Arbeit ist recht vielfältig, wir arbeiten wetterabhängig bis zu 54 Stunden pro Woche, also im Idealfall 6 Tage mit je 9 Stunden Arbeit für den Mindestlohn von 13 Dollar netto, bei einem Regentag wird versucht die Stunden sonntags wieder rein zu holen, das ist auf Dauer ziemlich anstrengend, viel Zeit für andere Dinge bleibt da nicht!
Aber nun zu dem was wir machen:
Die Plantage auf der wir sind wird gerade von grünen auf goldene Kiwis umgestellt, welche für wesentlich mehr Geld verkauft werden können. Neben den Standardarbeiten wie thinning (Kiwis auslesen, also Kleine und Beschädigte abrupfen) oder shoot training (die besten neuen Ranken der Kletterpflanzen auswählen und an Schnüren richtig herum aufwickeln für nächstes Jahr, da Blüten am Besten an einjährigen Sprossen wachsen) müssen wir auch Vorbereitungen für das Kahlschlagen von Orchards durchführen, welche im kommenden Jahr auf die gewinnbringenden goldenen kiwis umgezweigt werden, wie etwa schon mal alle männlichen Kiwibäume radikal zurückschneiden oder alle neuen unnötigen Triebe der weiblichen Bäume abbrechen.
Die Arbeiten sind in der Regel nicht sonderlich anstrengend, das größere Problem ist das ständige Hochschauen oder die unbequeme geduckte Haltung – die ersten Tage hatten wir alle ziemliche Nackenschmerzen!
Wir habe aber im Vergleich zu den Erzählungen anderer einen super Job, bezahlt nach Stunde, und dazu einen richtig netten, freundlichen und toleranten Supervisor, Steven, so zu sagen unser Betreuer, der uns unsere Aufgaben erklärt, kontrolliert oder separate heikle Aufgaben erledigt, welche mehr Erfahrung benötigen. Steve macht diesen Job schon seit mehr als 20 Jahren, ist immer für einen Spaß zu haben, nimmt die Pausen zwar sehr genau, hat aber auch nichts gegen ein Schwätzchen während der Arbeitszeit, er toleriert Reden, Musik hören, Kiwischlachten, er ist Meister darin bei Regen noch eine bezahlte halbe oder dreiviertel Stunde raus zu schlagen oder unsere Fehler dem Manager der Farm gegenüber zu vertuschen 😉
Zum Stichwort Regen, die Kiwis sind im Moment etwa 4 bis 5 Zentimeter groß und noch ziemlich hart und vor allem ist ihre Schale extrem empfindlich. Wenn die Früchte nass werden reicht schon das Vorbeistreifen mit dem Ärmel aus um ihre äußere Hülle zu verletzen, wozu bei trockenem Wetter schon ein Fingernagel oder zu viel Kraft in den Händen nötig ist – verständlicherweise muss deshalb die Arbeit eingestellt werden, sobald die Früchte zu nass sind, wie zum Beispiel heute wo es schon seit 10 Uhr regnet.
Wenigstens habe ich dann mal Zeit Nachrichten zu beantworte und den Blog hier zu aktualisieren! 🙂

Vor ein paar Tagen haben wir erfahren, dass der Manager der Farm, ein alter Mann, Alan, der in früheren Zeiten im ganzen Land mit einem 1953 in England gebauten Bus herumgereist ist, überhaupt nicht der Besitzer der Farm sondern nur ihr Verwalter ist, und obwohl er wirklich alles organisiert, dort wohnt, die Verantwortung trägt und enorm viel Erfahrung hat, lediglich lächerliche 24 Dollar brutto pro Stunde bekommt! Der eigentliche Besitzer ist ein weitestgehend unbekannter Multimillionär, dem die meisten Farmen hier in der Hawkes Bay gehören. Das fanden wir schon ziemlich krass zu erfahren!

Noch 6 Tage Arbeit warten und dann steht auch schon Weihnachten vor der Türe, ziemlich unwirklich hier, trotz Plastik-Weihnachtsbaum im Wohnzimmer, aber die sommerlichen Temperaturen und das zum Baden einladende Meer vor der Haustüre machen trotz weihnachtlichen englischen Gesängen aus dem Radio und während der Arbeit in Deutsch von Carla und Shamila die Weihnachtsstimmung zunichte.
Weihnachten feiern werde ich hier im Hostel zusammen mit den meisten anderen longterm Workern, die inzwischen schon eine große Familie gebildet haben, wir werden ein europäisch-asiatisches Buffet machen, worauf ich mich schon sehr freue!
Wie es dann weiter geht weiß ich noch nicht so genau, 4 Wochen Arbeit reichen mir aber fürs Erste, Carla wird für Silvester nach Wellington fahren wie viele andere auch und anschließend mit der Fähre auf die Südinsel übersetzen, mir ist es aber zu früh um mich schon zur südlichen Insel aufzumachen, ich möchte noch ein Weilchen auf der Nordinsel herumtreisen und die günstigen Spritpreise hier oben genießen 😉

Bilder gibt es auch wieder, leider habe ich noch kein Internet zum Hochladen und die meisten sind von meinem Handy gemacht und entsprechend ist die Qualität auch nicht so toll, ich habe während der Arbeit die gute Kamera meist im Hostel gelassen, in den nächsten Tagen nehme ich sie aber nochmal mit, dann gibt es noch ein paar mehr Bilder! 🙂

Schon mal Frohe Weihnachten euch allen! 🙂
Bis bald, euer Heiner

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